Upps - verlaufen!
Die im Einwohnermeldeamt bei
uns in der Gemeinde haben jetzt an ihrem Kleiderschrank ein
Schild angebracht:
„Kleiderschrank!“. Und ich glaube, das haben die wegen mir gemacht.
Also, nicht dass ich vorhätte, meine Jacke da hinein zu hängen, wenn ich mal
dort bin.
Nö, so oft gehe ich ja nun auch wieder nicht zum Einwohnermeldeamt. Und
großartig
gemütlich machen möchte man es sich auf dem Amt ja auch nicht.
Ich denke, das hat eher mit meiner Schusseligkeit zu tun. Ihr könnt Euch ja
vielleicht noch
an meine Ausführungen zum Thema „Versehentliches obszönes
Anquatschen wildfremder
Herren beim Lebensmitteleinkauf“ oder „Unabsichtliches
Händchenhalten im Kneipengetümmel“
erinnern. Tja, und wenn ich nicht gerade auf
derart peinliche Art Kontakte knüpfe, passieren
mir halt solche Sachen wie
neulich auf der Gemeinde.
Andere Leute gehen einfach nur ins Amtszimmer, holen ihren neuen Personalausweis
ab und
gehen wieder hinaus – ich eigentlich auch, das heißt, ich wollte
eigentlich auch… wären da
nicht so viele Türen gewesen.
Reingehen war kein Problem: Eine Tür, Schild drauf: „Einwohnermeldeamt“. Die
Rauswoller
dagegen kriegen eine Falle gestellt: Zwei genau gleiche braune
Holztüren, nebeneinander.
Es war ein bisschen so wie beim Laborversuch mit dem Pawlowschen Hund, nur dass
mit
mir vorher keiner geübt hatte.
Ich schnappte mir also den neuen Perso, rief noch fröhlich „Tschüüüüss!“ und
verschwand…
im Schrank – klapp! Hinter mir vernahm ich noch kurz: „Haaalt, das ist der Schra…!“
Nicht, dass ich jetzt besonders verklemmt wäre oder so, aber das war doch
irgendwie
hochnotpeinlich. Was tun? Ich stand also eingeklemmt zwischen einem
Wollmantel und
einer Steppjacke im dunklen Verließ und dachte angestrengt
darüber nach, ob es mehr
nach Schweiß oder nach Deo im Schrank roch und welcher
Abgang von all den möglichen
peinlichen Varianten derjenige sei, für den ich
mich am wenigsten schämen müsste.
„Okay“, dachte ich mir nach
etwa einer Minute: „Vorwärtsverteidigung!“
Entschlossen riss ich also die Tür wieder auf, sprang heraus und verkündete:
„Einen wunderbar
geräumigen Schrank haben Sie hier aber im Büro! Da können Sie
sich glücklich schätzen!“
Ich bin mir ziemlich sicher, dass es mir gelungen ist, die Bürotür von außen zu
schließen bevor
dunkle Schamesröte in mein Gesicht schoss. Und Ihr glaubt nicht,
wie schnell ich am Auto war!!!
Kein Platz für
Kind und Karre
Vom Versuch, ein Möbelhaus zu verlassen und anderen Elternfallen
Gehören
Sie auch zum schiebenden Teil der Menschheit, ich meine, zu jener
bedauernswerten,
hoffnungslos ausgegrenzten Minderheit, deren Nachwuchs noch im
Kinderwagen oder Buggy
sitzt? Falls dies so sein sollte, haben Sie mein
aufrichtiges Mitgefühl, denn „die Schiebenden“
sind angesichts so mancher
architektonischen Meisterleistungen, ebenso wie Rollstuhlfahrer
und
Gehbehinderte, nicht zu beneiden.
Ich hoffe, Sie brauchen nicht ausgerechnet jetzt eine neue Küche? Das wäre der
denkbar
ungünstigste Augenblick für so eine Anschaffung. Ich meine die
Kombination. Karre und
Küche, das geht nicht. Jedenfalls nicht in dem
Kasseler Möbelhaus, in dessen Prospekt
ich damals diese schicke, ermäßigte Küche
gefunden hatte.
Also genau genommen: Hingehen könnten Sie schon und auch die begehrten
Möbelstücke mit
Ihrer Familie besichtigen, nur - raus, raus kommen Sie da mit
der Karre so leicht nicht mehr!
Ich
versuche es mal zu erklären: Man betritt also diesen gigantischen Laden mit der
Grundfläche eines durchschnittlichen, nordhessischen Dorfes auf ganz normalem
Wege
durch den prächtigen, großen Haupteingang, entdeckt auch bald den Hinweis,
dass sich
die Küchenabteilung im oberen Stockwerk befinde und eine entsprechende
Rolltreppe.
Mit geübtem Griff wird das Babygefährt samt Inhalt auf dieser
hinaufbefördert, und schon
steht die erfreute Familie inmitten all der
komfortablen Einbauküchen. Schnell ist ein
passendes Objekt gefunden, der
Heimfahrt steht nichts mehr im Wege. Theoretisch.
Wo eine Rolltreppe aufwärts führt, da muss auch eine abwärts gleiten, denkt sich
der
logische Hesse. Suchend geht man also eine Runde… Suchend geht man eine
zweite Runde
und fragt dann lächelnd den Verkäufer, der eben noch so emsig bei
der Sache und behilflich
bei der Auftragsannahme war, um zu erfahren:
„Rolltreppe abwärts ham wir nich.“
„Na ja, macht ja nichts, fahren wir halt
Fahrstuhl“, lacht der Papi noch, bevor er einsilbig
belehrt wird:
„Kunden-Fahrstuhl ham wir auch nich.“ An dieser Stelle wird der Blick vom Papi
komisch: „Wie? Kein Fahrstuhl?“, fragt er etwas begriffsstutzig zurück, obwohl
er doch sonst
nicht auf den Kopf gefallen ist: „Und wie kommen wir jetzt mit dem
Kinderwagen wieder runter?“
Der Verkäufer fühlt sich offenbar langsam etwas
genervt. Wenn’ s denn partout sein müsse,
könne man gegebenenfalls jemanden
finden, der den Notausgang kurz aufschließt, welcher
normalerweise nur für
Lieferarbeiten benutzt werde. Von dort aus führe ein weiter und
beschwerlicher
Weg übers benachbarte Firmengelände rund ums Gebäude nach vorn zum
Eingang,
durch den man dann wiederum das Geschäft betreten und die Ware des unteren
Stockwerkes besichtigen könne.
Dankend lehnt die Familie nach einem Blick durchs Fenster in den Hinterhof das
durchaus
verlockende Angebot ab und geht stumm daran, die unausgesprochene
Alternative in die Tat
umzusetzen. Die Treppe hinab ins Erdgeschoss ist steil
und lang, unheimlich lang, sogar für
einen durchtrainierten Papi, der einen
Kinderwagen hinunterschleppt sowie eine Mami mit
dickem Baby auf dem Arm und
Kleinkind an der Hand.
Was der Wagen-Träger äußerte, als er endlich im Parterre stand, möchte ich hier
aus
Anstandsgründen lieber nicht wiedergeben.
Eine ganz
reizende Episode, die unseren Städteplanern zum Ruhme gereicht, kann man auch
jungen Familien mit auf den Weg geben, die vorhaben, in nächster Zeit eine
schöne Domstadt
im Herzen Hessens zu besuchen, deren Name dem eines Flusses
gleicht. Besonders lobend zu
erwähnen wäre hier eine der zentralen Tiefgaragen,
an der vor allem ambitionierte junge Väter
mit Bodybuilding-Vorkenntnissen ihre
Freude haben dürften. Wie der Name schon sagt, liegt
eine Tiefgarage im
Allgemeinen tiefer als die Straße, woraus sich logisch ergibt, dass man die
Distanz nach oben im Anschluss an den Parkvorgang sinnvoll überbrücken muss. Bei
Mitführen
eines Kinderwagens bietet sich hierzu, wie wir noch aus der obigen
Schilderung erinnern, ein
Fahrstuhl an. Eine Vorrichtung, die in deutschen
Parkhäusern üblicherweise anzutreffen ist.
Nicht so in unserem Fall. Dafür gibt
es aber eine wunderbare Auffahrt, wie der geübte Blick
gleich feststellt. Ätsch,
reingelegt: Raten Sie mal, was da in riesengroßen Lettern geschrieben
steht:
„Achtung, Lebensgefahr. Nicht für Fußgänger!“
Kein
Problem, wozu haben Väter schließlich Bizeps. Langsam kriegt Papi Übung im
Kinderwagen-
Schleppen. Die Sache macht ihm sichtlich Spaß, vor allem, wenn Leute
auf der engen Stiege
entgegenkommen. Dadurch, dass man seine Füße und die Stufen
wegen des Wagens vorm
Bauch nicht sieht, wird’ s richtig spannend. Herrlich
sperrig, so ein Kinderwagen. Ich habe
mitgezählt: Der Papi hat von der ersten
bis zur letzten Stufe vierzehn Mal „Tschuldigung“
gemurmelt. Und Baby fühlt sich
sowieso auf Mamas Arm am wohlsten. Prima, auf dem Rückweg
spielen wir das ganze
gleich noch mal in umgekehrter Richtung durch, nur, dass wir nun auch
noch
Einkaufstüten in den Händen haben. Arnika soll übrigens ein wunderbares Mittel
gegen
schmerzhafte Blutergüsse sein.
Um noch
einmal kurz zum Thema Aufzug zurückzukehren: Nur, weil ein Lift vorhanden ist,
muss
der Transport des Wägelchens ja nicht gleich stinklangweilig werden.
Findige
Konstrukteure
haben auch hier zuweilen gleich den Unterhaltungseffekt
mit eingebaut.
Mir fällt
dabei ganz spontan dieses Verwaltungsgebäude im schönen nordhessischen Bad
Sowieso ein, in dem ich früher häufig zu tun hatte. Weil die Räumlichkeiten
recht verwinkelt
und auf verschiedenen Etagen liegen, haben die Erbauer an einen
Fahrstuhl gedacht. „Na,
das ist doch schon mal was!“, werden Sie nach obigen
Schilderungen jetzt ausrufen. (Man
wird ja sooo genügsam.) Aber vielleicht hätte
ich besser „Fahrstühlchen“ sagen sollen.
Also ehrlich: ganz, ganz niiiiedlich! Da leider nirgendwo beschrieben stand, wie
der Aufzug
mit Karre zu besteigen
sei, habe ich nach und nach alle Varianten selbst durchexerziert
und bin zu folgender Lösung gekommen: Am besten ist es, rückwärts hineinzugehen, indem
man
den Buggy hinter sich her zieht und sogleich die Luft anhält, damit der Bauch
möglichst
flach wird und der Griff in der sich ergebenden Aushöhlung Platz
findet. Wenn man sich
sodann geschmeidig vorn überbeugt und die Schulter ein
wenig auskugelt, gelangt man an
die Schalter. So kann es gelingen, den Buggy mit
etwas gutem Willen und Krafteinsatz aus
dem Bereich der Lichtschranke zu ziehen.
Andernfalls kann sich die Tür nicht schließen, was bekanntlich zur Folge hat,
dass man dort
stehen bleibt, wo man eingestiegen ist. Mit zwei Kindern ist der
Aufzug begreiflicherweise
nicht zu benutzen, was ja auch völlig unnötig ist, da
Kinder bei Behördengängen ohnehin
nur stören. Hier hat die Verwaltung eben
mitgedacht.
Wer
uneinsichtig oder zu ungeschickt ist, kann ja, wie gehabt, das kleine, dicke
Baby auf den
Arm und das Kleinkind an die Hand nehmen und die paar Etagen
steigen. Die Papiere fürs Amt
lassen sich notfalls zwischen die Zähne klemmen.
Man muss nur wollen, und die Sabberspuren
auf den Zetteln kann man ja notfalls
dem Baby in die Schühchen schieben.
Normale Kinderwagen passen übrigens wegen ihrer Abmessungen samt Mami überhaupt
nicht
in diese Aufzüge. Mein erprobter Vorschlag: Wagen mit Baby allein im Lift
hochschicken,
schnell auf der Treppe hinterher rennen und am Ziel wieder
rausziehen! Clever, wie?
Dabei immer schön beten, wünschen oder hoffen – je nach Vorliebe und religiöser
Ausrichtung -,
dass der Fahrstuhl nicht unterwegs stecken bleibt oder von
fremden Leuten „gedrückt“ wird.
Dass sich
in vielen Kaufhäusern die Aufzugtür so elegant zwischen Warenständern oder
Metallstangen öffnet, dass Reinwoller und Rausmüsser mit ihren Kinderwagen nicht
aneinander
vorbeikommen, ist leider nichts Neues. Ebenso wie die schmalen
Kaufhausgänge und der
Slalomlauf um Wühltische und Kartonberge im
Lebensmittelmarkt.
Äußerst
kundenfreundlich sind auch die Kinderboutiquen mit den putzigen, schmalen Gängen
und der praktischen, siebenstufigen Treppe gleich zwei Meter hinterm Eingang.
Jedes
Mutterherz schlägt höher, wenn Baby im Passantengetümmel allein im Wagen
auf dem
Bürgersteig steht, während Mama zitternd mit dem Body aus dem
Sonderangebotstisch
vor der Tür an die Kasse hastet und schwitzend realisiert,
dass man nicht gleichzeitig ins
Portemonnaie und hinaus schauen kann.
Ein
kleiner Tipp am Rande: Mit Kinderwagen Zug fahren macht auch unwahrscheinlich
viel
Spaß. Es empfiehlt sich, einen Klappschemel mit sich zu führen. Dann kann
man sich sogar
eine Fahrt von Flensburg nach Passau im Vorplatz zwischen den
Wagen direkt bei den Türen
recht nett gestalten. Auch die Gepäckwagen sind
häufig gemütlicher als man denkt. Das
Gefährt passt nämlich häufig nicht durch
die Gänge. Rollstuhlfahrer(innen) können Bände
davon berichten.
Als
wahrlich krönender Abschluss hier noch ein Reisetipp für Kulturfreunde und
Leistungs-
sportler, zugegebenermaßen eine Kombination, mit der sich nicht jeder
von uns identifizieren
kann. Andererseits: Was ich geschafft habe, schaffen die
meisten von Ihnen mit ein bisschen
Elan sicher auch.
Wer kennt
nicht, zumindest von mehr oder weniger geschmackvollen bildlichen Darstellungen,
das idyllisch gelegene Schloss Neuschwanstein im schönen Städtchen Füssen. Was
für ein
imposantes Bauwerk vor herrlicher Kulisse! Von weitem scheint das
Schloss recht hoch am
Berg zu liegen, was sich bei näherer Betrachtung leider
mehr als bestätigt. Der Fußweg
hinauf zum Schloss ist rund eine halbe Stunde
lang und steil - sehr, sehr steil, vor allem bei
sommerlichen dreißig
Schattengraden.
Was soll’ s? Hat man nach einer Stunde erst einmal einen Parkplatz gefunden und
einen
stolzen Obolus entrichtet, wird der Kinderwagen aus dem Kofferraum
gewuchtet, wobei das
übrige Gepäck ein wenig durcheinander fällt. Das kleine,
dicke Baby kommt in seine Karre,
der größere Sohn wie vorhin an die Hand. Der
Aufstieg kann beginnen. Genau wie bei dem
Parkhaus eben, kommt dann jedoch ein
Schild. Ohne ein einziges Wort lesen zu müssen,
wird einem der Sinn sofort aus
der Abbildung deutlich, und ein Schreck fährt durch sämtliche
Glieder: Zu sehen
sind viele Treppenstufen und gleich daneben ein Kinderwagen - ganz dick
durchgestrichen. Alles klar? Wer erst einmal vor Ort ist und einen Parkplatz
ergattert hat,
gibt doch jetzt so kurz vorm Ziel nicht auf. Also, Karre zurück
ins Auto, Baby geschnappt
und hurtig hinaufgestiegen... gemütlich hinaufgegangen... mühsam hinaufgezockelt...
schlurfend... ächzend…
Aber
runter ging’ s nachher wirklich ganz gut! Und bevor der Hesse mit Kleinkindern
in Urlaub
fährt, hat er ja schließlich in der Heimat genug Gelegenheit zum
Trainieren. |
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